Zunächst sind wir zu unserem eigenen Erstaunen ohne weitere Zwischenfälle in unserem morgendlichen Ziel in Ishibashi Handai-Mae mit dem Zug angekommen, um dort unsere Freundin Aiko Tanaka san zu treffen. Den Zug müssen wir an dieser Stelle einmal etwas genauer erklären. Es handelt sich um einen nostalgischen Zugtyp, gefühlt mehr als vierzig Jahre alt. Trotz allem sah der Zug sowohl von innen sowie auch von außen wie frisch aus dem Laden aus. Innen sitzt man auf Samtpolstern ohne jeglichen Fleck, dafür aber mit Sitzheizung. Wir wären gerne noch etwas länger gefahren, denn es ist auch in Japan zu dieser Jahreszeit sehr kalt. Nach jeder Fahrt werden die Züge durch das Personal gereinigt und überhaupt ist in Japan alles sauber. Kein einziges Kaugummi, keine Graffiti, keine Schmierereien oder Müll ist uns aufgefallen.


Am Zielbahnhof wurden wir von Aiko san und ihrer Assistentin Ayako san mit dem Auto abgeholt. Unser Ziel war ein 200 Jahre altes traditionelles Wohnhaus, welches am Stadtrand hoch über der Stadt von einem Gemüsegarten mit japanischem Garten eingefasst war. Dort wurden wir sehr herzlich von den beiden Eigentümern empfangen, deren Familie über viele Jahrhunderte dort lebt.











Sie luden uns in ihr Haus ein, um die Architektur, die traditionelle Bauweise, Ausstattung und Kalligraphie-Kunst des Hausherren anzuschauen. Besonders eindrucksvoll waren die kunstvoll handgemalten Raumtrenner aus Holzrahmen mit Papierbespannungen. Ebenso begeisterten uns die von der Eigentümerin handgefertigten Puppen, Glücksbringer und Kissen. Während wir zum traditionellen grünen Tee mit Süßigkeiten eingeladen wurden, wurde uns anhand eines Fotoalbums der Restaurationsprozess der letzten Jahre vorgestellt. Auch hier wurden wieder traditionelle, bei uns wenig bekannte Holzverbindungen zum Einsatz gebracht. Was uns auch hier wieder auffiel, ist, dass auf Wärmedämmung wenig Wert gelegt wird. Zudem gibt es keine Denkmalschutzprogramme, -vorgaben und Fördermaßnahmen, sodass auch an diesem Haus nach den Wünschen der Eigentümer angebaut wurde. Alle Fenster sind einfach verglast, es gibt keine Zentralheizung. Geheizt wird vornehmlich mit Strom durch Heizstrahler oder Klimaanlagen sowie einem Küchenofen.



Es handelt sich bei dem Haus um eine Art Fachwerkhaus mit kunstvoller Ziegeleindeckung. Sollte ein Fachwerkbalken durch Feuchtigkeit oder Wurmfraß Schaden nehmen, wird dieser einfach partiell mit einem neuen Teilstück ausgebessert und verzapft.
In der traditionellen Küche fermentiert die Hausherrin die im eigenen Garten angebauten Gemüse und Obstsorten. Natürlich durften wir ihre neueste Kreation aus Yuzu (eine kleine Zitrusfrucht), die in Essig eingelegt und gezuckert wird, probieren.



Zum Abschluss wurde noch eine kleine Führung durch den Garten gemacht, von dem man einen wunderbaren Blick über Osaka hatte.



Zum Abschied überreichte uns die Hausherrin einen selbstgemachten Glücksbringer, damit wir wieder heile nach Deutschland zurück kommen.
Anschließend wurden wir in einem Restaurant rund um die Yuzu vom Inhaber Hiroaki Ukita san kulinarisch mit einem 8-Gänge-Menü verwöhnt. Was Mittagessen begann, endete mit einer Erasmus+ Partnerschaft. Im Restaurant YUZUYA wird japanisch-französische Fusion gezaubert. Das Personal sowie die Gäste sind international und alle sprechen sehr gut Englisch. Beste Voraussetzungen für unsere jungen Stipendiat*innen. Sie können sowohl Einblicke in die Küche, als auch in die Bäckerei und Patisserie erhalten und auch gleich vor Ort im Gästehaus wohnen. Das Restaurant und Café befindet sich an einer wunderschön gelegenen Wanderroute entlang eines Flusses am Berghang hinauf zu einer Tempelanlage. Trotz der ländlichen Lage ist man sehr gut an die öffentlichen Verkehrsmittel in Osaka angebunden, sodass man in weniger als 30 Minuten mitten im Zentrum der Millionenmetropole ist. Liebe Stipendiat*innen der Gastronomie im zweiten Ausbildungsjahr, ihr könnt euch ab sofort für das Jahr 2026 bewerben!


















Natürlich ging es anschließend in einem dringend nötigen Verdauungsspaziergang zur Tempelanlage. Hier durften wir eine private Gebetszeremonie mit einem Mönch erleben, einschließlich Gesang und Trommeln. Natürlich durften die Räucherstäbchen und die Klangschalen/ Gongs nicht fehlen. Aus Gründen des Respekts haben wir keine Fotos der Zeremonie gemacht.






Nach dieser Zeremonie wurden wir von Aiko zu einem Tee in ihr Privathaus eingeladen. Neben einer kleinen Führung durchs Haus unterhielten wir uns über Ausbildung in Deutschland und in Japan im Allgemeinen. Dabei stellte sich heraus, dass Japan sowie Deutschland vor ähnlichen Herausforderungen des demographischen Wandels und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel stehen.
Für unsere ausgezeichnete Zusammenarbeit verleihen wir Aiko Tanaka sensei sehr gerne das Erasmus+ Partnerschaftsschild. Wir freuen uns sehr, eine so zuverlässige und engagierte Freundin an unserer Seite zu wissen!

Natürlich durften wir auch in die Schulungsküche der leidenschaftlichen Köchin und Lehrmeisterin blicken.


Um den gemeinsamen Tag perfekt abzurunden, wurden wir von Aiko sensei zu einem traditionellen Hot Pot in ein Restaurant eingeladen. Vielen Dank für den ereignisreichen Tag!



geschrieben von Lisa Böhle und Martin Ossenkopp