Schule mal anders – unsere ersten Eindrücke

Unsere erste Woche in Loimaa ist nun zu Ende und uns sind einige Unterschiede zum deutschen Schulsystem aufgefallen, welche wir euch im Folgenden genauer beschreiben wollen.

Das Erste, was wir drei Mediengestalterinnen bemerkten, war die lockere Atmosphäre im Schulgebäude. Wir wussten anfangs zum Beispiel gar nicht, ob gerade Unterricht oder Pause war, da viele Schüler im Gebäude verteilt saßen und zusammen in kleinen Gruppen an etwas arbeiteten oder miteinander redeten. An diese Art von Unterricht mussten wir uns erst gewöhnen, doch irgendwann empfanden wir dies als sehr angenehm.

Während des Unterrichts wird man hier eher dazu animiert, mal kurz rauszugehen, sich eine Fotokamera in die Hand zu nehmen und sich im Fotostudio auszutoben, um nicht die ganze Zeit auf seinen Laptop zu starren. Natürlich kannten wir so etwas nicht. Wir denken aber, dass so etwas vielen Schülern sehr viel Druck aus dem Schulalltag nehmen kann, und so empfanden wir es auch selbst.

Hier in der Media-Abteilung kann sich jeder Schüler den Schwerpunkt (Ton, Schnitt, Schauspielerei, Film, Fotobearbeitung, Storytelling) aussuchen, den er oder sie mag und darin richtig gut werden. Man bekommt einen Einblick in alles, aber kann sich dann auf das konzentrieren, was man gut kann und lernen will. Dies finden wir sehr fördernd, weil die Motivation meist sehr hoch ist, mehr zu lernen und man seiner Kreativität so viel mehr nachgehen kann.

Die Schüler und Lehrer begegnen sich in Finnland, darüber hinaus, mehr auf Augenhöhe. Man hat eher ein freundschaftliches Verhältnis, scherzt viel und trotzdem nehmen alle ihre Aufgaben ernst und respektieren sich. Außerdem spricht man die Lehrer hier mit Vornamen an.

Auch die Eigenständigkeit im Lernen scheint hier sehr im Fokus zu liegen. Es ist alles kein „Muss“, sondern eher einem selbst überlassen, was man macht. Einer der Lehrer erklärt beispielsweise etwas an der Video-Leinwand in Adobe Premiere Pro, aber viele Schüler arbeiten währenddessen leise an ihren eigenen Projekten weiter. Man sucht sich eher aus, ob man zuhört oder nicht. Es ist jedem selbst überlassen und es wird nie kritisch gewertet.

Wir kennen es ebenso nicht, dass die Berufsschule hier nur bis 14 Uhr geht. Es wird jedoch von den Schülern erwartet, dass man auch mal ein wenig länger bleibt und weiter an seinen eigenen Aufgaben arbeitet. Als der Schultag um war und alle Schüler weiter an ihren Plätzen saßen, hat uns das erstmal sehr irritiert. In unseren Schulen ist es eher eine Ausnahme, wenn der Unterricht mal ein paar Minuten länger geht.

Auch das Lernmaterial ist hier etwas anders. Alle Schüler arbeiten mit MacBooks und können sich diese täglich aus einem „Laptopschrank“ nehmen. In der Media-Abteilung steht allen Schülern ein hochwertiges Kamera- und Tonequipment zur Verfügung. Viele Dinge davon haben wir natürlich noch nie gesehen. Den Schülern werden die Geräte einfach so anvertraut und sie dürfen sie auch für eigene Projekte außerhalb der Schule nutzen.

Des Weiteren gibt es für alle Schüler von der Grundschule bis zur weiterführenden Schule täglich ein kostenloses Mittagessen, was auch uns bisher immer gut geschmeckt hat.

Auch die inklusive Umgebung ist uns nach kurzer Zeit aufgefallen. So sitzen manche Schüler in anderen Räumen verteilt, wenn sie mehr Ruhe benötigen oder Hilfe.

Auch Mitarbeitsnoten kennt man hier nicht. Man arbeitet eher an seinen eigenen Projekten oder auch in Gruppen zusammen und erhält dann am Ende Punkte dafür. Auch Präsentationen hält man nicht, man sieht sich gemeinsam eher das an, woran gearbeitet wurde und erhält dazu Feedback.

Wir haben ebenso das Gefühl, dass hier eine gewisse Atmosphäre der Akzeptanz herrscht. Man sieht viele Einzelgänger, aber niemand wirkt allein oder ausgegrenzt. Es scheint, als würde das, was auf allen Plakaten steht „No Mobbing“, auch gelebt werden. Diese Plakate liegen überall aus und kleben auf sehr vielen Wänden und Türen. Das kann man bestimmt nicht für alle Schulen gleichsetzen. Dies war jedoch unser erster Eindruck in der Novida-Schule.

Auf eine besondere Art und Weise trägt die finnische Schule eine gewisse Gemütlichkeit in sich und irgendwie kannten wir das vorher nicht so. Wenn man in der kleinen „Vorhalle“ der Schule ist, hängen von oben kleine weiße Wolken aus Kunststoff herab, die in der ganzen Schule verteilt sind. Es fühlt sich nach einem schönen Ort an. Es gibt gemütliche Sitzgelegenheiten, Sessel und Tischtennisplatten zum Spielen in der Pause, einen Schul-Kiosk mit Lichterketten und vielem mehr.

Es wirkt wie ein Ort, zu dem man gerne geht und irgendwie hat es auch etwas Kindliches, obwohl man in einer Berufsschule ist.
Aber irgendwie macht es das vielleicht auch aus?